Pflichten der Industriebetriebe
Jeder Betrieb, der mit wassergefährdenden Stoffen hantiert, muss sorgsam mit ihnen umgehen. Er muss Vorschriften des deutschen Wasserhaushaltsgesetzes und der Länder einhalten. Zurzeit wird in Deutschland eine bundeseinheitliche Verordnung für Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) vorbereitet, die voraussichtlich 2017 in Kraft tritt. Diese Vorschriften betreffen Betriebe, die solche Stoffe herstellen, weiter verarbeiten, einsetzen, abfüllen, lagern oder umschlagen.
Ein Beispiel: Jede Person, die wassergefährdende Stoffe in einen Tank einfüllt oder daraus entnimmt, muss diesen Vorgang überwachen und sich vor Beginn der Arbeit davon überzeugen, dass alle Sicherheitseinrichtungen ordnungsgemäß funktionieren. Dies betrifft nicht nur Tankwagenfahrerinnen und ‑fahrer beim Beliefern einer Tankstelle, sondern auch Privatpersonen, die dort ihren Wagen betanken. Treten nicht unerhebliche Mengen wassergefährdender Stoffe aus, die das Grundwasser oder ein Oberflächengewässer gefährden können, muss dies unverzüglich der nach Landesrecht zuständigen Behörde oder der nächsten Polizeidienststelle gemeldet werden. Das Statistische Bundesamt fasst diese Unfallanzeigen jedes Jahr in der statistischen Erhebung “Unfälle mit wassergefährdenden Stoffen” zusammen.
Einstufung wassergefährdender Stoffe
Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen müssen so gebaut und betrieben werden, dass keine Verunreinigung oder nachteilige Veränderung der Gewässer entstehen. Dazu müssen die in den Anlagen verwendeten Stoffe auf ihre wassergefährdenden Eigenschaften untersucht und eingestuft werden. Alle bisher in eine Wassergefährdungsklasse oder als nicht-wassergefährdend eingestuften Stoffe können in der online-Datenbank Rigoletto des Umweltbundesamtes recherchiert werden.
Die Verwaltungsvorschrift wassergefährdender Stoffe (VwVwS 1999 mit ergänzender VwVwS 2005) verpflichtet die Betreiber von Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen, die von ihnen verwendeten Stoffe und Gemische in eine Wassergefährdungsklasse (WGK) einzustufen. Die Einstufungen der Stoffe sind bei der Dokumentations- und Auskunftsstelle wassergefährdende Stoffe im Umweltbundesamt zu dokumentieren.
Bei der Dokumentations- und Auskunftsstelle wassergefährdende Stoffe werden die Einstufungsdokumentationen der Betreiber erfasst, formal und auf Plausibilität überprüft und die resultierenden Einstufungen der Stoffe werden im Internet veröffentlicht.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Dokumentations- und Auskunftsstelle beantworten auch Anfragen: zum Beispiel zum Einstufungsprozedere, zur formal und wissenschaftlich korrekten Ableitung einer WGK, zur Interpretation von Untersuchungsergebnissen zur Gewässergefährdung sowie zu konkreten Stoffeinstufungen und geben auch Hilfestellung bei der Einstufung von Gemischen.
Die Einstufungen von Gemischen werden nicht beim Umweltbundesamt dokumentiert, sondern müssen den zuständigen Vollzugsbehörden der Bundesländer zugänglich gemacht werden. Für die Dokumentation kann ein Formblatt verwendet werden.
Die Kriterien, nach denen die wassergefährdenden Stoffe entsprechend ihrer Gefährlichkeit in die WGK 1, 2 oder 3 oder als nicht wassergefährdend (nwg) eingestuft werden, stehen im Anhang 3 der VwVwS. Ein wichtiger Unterschied zu anderen Einstufungssystemen besteht darin, dass bisher nicht ausreichend untersuchte, nicht eingestufte oder nicht identifizierte Stoffe vorsorglich als stark wassergefährdend (WGK 3) gelten.
Aus der WGK und der Tonnage der gehandhabten wassergefährdenden Stoffe werden dann in den entsprechenden Anlagenverordnungen der Bundesländer Anforderungen an die Anlagen abgeleitet. Damit soll eine Gefährdung von Grund- und Oberflächengewässern bei dem Gebrauch der Stoffe und bei Havarien ausgeschlossen werden. Außerdem bietet die Einstufung von Stoffen in drei Wassergefährdungsklassen oder als nicht wassergefährdend für Anlagenbetreiber, Vollzugsbehörden vor Ort sowie im Falle eines Störfalls für die örtlichen Feuerwehren eine einfache Entscheidungsgrundlage. Denn sie müssen die Relevanz aller Kombinationen von Gefährlichkeitsmerkmalen für den Gewässerschutz nicht im Einzelnen beurteilen. Die WGK-Einstufung schafft darüber hinaus den Anreiz, besonders gefährliche oder schlecht untersuchte Stoffe durch solche, die weniger wassergefährdend und gut untersucht sind, zu ersetzen.